Review< Zurück 08.08.2010
Von Max Werschitz
Alles hat ein Ende, und aller guten Dinge sind bekanntlich drei: Die Toy Story-Saga ist nicht nur schon lange in die Kinogeschichte, sondern soeben auch in den wohlverdienten Ruhestand (ein)gegangen.
Was haben wir alle gestaunt. Es war vor genau 15 Jahren (und kommt mir oft trotzdem noch so vor als wäre es gestern gewesen) als Toy Story das Licht der Leinwand erblickte und somit der weltweit erste vollständig computergenerierte Langfilm ein großes Publikum in seinen Bann zog. Ich kann mich noch gut erinnern wie geteilt die Meinungen damals waren: die einen rollten der digitalen Zukunft den roten Teppich aus, die anderen orteten prompt Seelenlosigkeit und beklagten den bevorstehenden Untergang des guten alten Trickfilms. Viele Jahre und unzählige Renderstunden später hat unter anderem das Pixar-Team rund um den genialen John Lasseter bewiesen dass es ein Kardinalsfehler ist ein kreatives Werk auf die Technik zu reduzieren in der es gefertigt wird. Toy Story 3 ist ein Paradebeispiel dafür: wie schon in den Vorgängern, vielleicht sogar noch mehr so, haucht ein exzellentes Drehbuch voll mit Emotion, Witz und Abenteuer den Pixeln und Puppen Leben ein.
Andy, der Junge dem unsere altbekannten Miniaturhelden Woody, Buzz Lightyear und co gehören, ist fast erwachsen – stolze 17 Jahre alt und mittendrin in den Vorbereitungen für die Abreise zum College. Dazu gehört auch die schwere Entscheidung ob und welche seiner Spielzeuge er mitnehmen, auf den Dachboden verfrachten oder gar wegwerfen soll. Durch ein Mißverständnis mit seiner Mutter landen alle bis auf Woody beinahe im Müllwagen, können sich aber im letzten Moment retten und flüchten in eine Kiste die als Spende für den Sunnydale Kindergarten bestimmt ist. Enttäuscht von ihrem Besitzer beschließen sie dort zu bleiben; vergeblich versucht Woody, der als einziger die Wahrheit kennt, sie davon zu überzeugen dass sie noch geliebt werden. Er macht sich schweren Herzens alleine auf den Heimweg, während die anderen glauben im Paradies gelandet zu sein: In Sunnydale kümmern sich die schon vorhandenen Spielzeuge rührend um sie, und anstatt eines einzigen Kindes das erwachsen wird und dann sein Interesse verliert steht ihnen hier im wahrsten Sinne des Wortes ein unendlicher Zustrom von immer neuen Kindern zur Verfügung. Doch bald erkennen sie dass sie stattdessen in einer wahren Spielzeughölle gefangen sind: Der Anführer der Sunnydale-Spielzeuge, der rosa Knuddelbär Lotso (Lots-O'-Huggin' Bear), und seine skrupellosen Schergen, unter ihnen das "Riesenbaby" und der Barbie-Charmeur Ken, benutzen Neuankömmlige als Kanonenfutter für die ganz jungen Kinder, und programmieren Buzz zum pflichtbesessenen Aufpasser seiner ehemaligen Freunde um. Als Woody reumütig zurückkehrt ist es an ihm seiner Familie beim Ausbruch zu helfen, und die Zeit drängt: nur eine Nacht, dann ist Andy für immer weg.
Mit Teil 3 reitet die Toy Story-Saga mit wehenden Fahnen in den Sonnenuntergang. Der Film ist, vor allem während des finalen Showdowns, ein Feuerwerk an raffiniertem Wort- und Bildwitz. Im Kern ist er jedoch ironischerweise um einiges emotionaler und in gewisser Weise altmodischer als viele seiner "traditionellen" Trickfilm- und sogar Realfilmkonkurrenten. Wie schon in Teil 1 und 2 geht es um den Wert der kindlichen Fantasie, um Freundschaft, Familie, Treue und Mut… und ich muss zugeben, als sich diese ganz und gar nicht leblose Puppentruppe, gefangen im Sog des scheinbar unausweichlichen Müllverbrennungsfeuerschlundes, einfach nur schweigend die Hände reicht sind sogar mir fast die Tränen in die Augen geschossen.
Doch auch die Spannung kommt nicht zu kurz, und mir scheint in Toy Story 3 ist bewusst nicht nur Andy, sondern in gewisser Weise auch das Filmteam – und damit implizit das Publikum – erwachsen geworden. Neben einem streckenweise eindeutig düstererem Ton ist es der Auftritt des mafiös-psychopathischen Lotso und vor allem seines beklemmend zombie- bzw golemhaften Handlangers, dem Riesenbaby, der leichte Horror-Elemente in die Spielzeugidylle bringt (stärker noch als z.B. Sids malträtierte Spielzeuge in Teil 1). Auch dass Kartoffelkopf kurzfristig auf seinen "echten" Körper verzichten muss und stattdessen wie ein albtraumhaftes Gemälde von Salvador Dali auf eine wabernde Tortilla, so fälschlich lustig das jetzt klingen mag, als Steckform zurückgreifen muss fand ich irgendwie... höchst beunruhigend. Ich weiß jedenfalls dass ich als Kind eine Heidenangst vor einigen der Charaktere und Szenen gehabt hätte.
Dennoch, was nach dem Abspann bleibt ist ein wohliges Gefühl im Bauch – und ein leichtes Anklopfen des Peter Pan Syndroms. Ich werde mir jedenfalls heute noch Toy Story 1 nach langer Zeit, exakt 15 Jahren, wieder einmal ansehen.
Meine Wertung: |
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Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!